Frischgebackener
"Dr. cer.":
Uli Nachbaur v. Snorre
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CLF-Archiv:
Dr. cer. Snorre - die Laudatio
Am 20. September 2003 hat unser Bbr. Uli Nachbaur v. Snorre einen
Doktorhut erhalten. Hier die Laudatio.
Die heutige Verleihung des Doctor cerevisiae an unseren hochverdienten
Bundesbruder Uli Nachbaur v. EB Snorre ist neben der persönlichen Würdigung
eines überaus verdienten Cluniers auch eine wichtige Zäsur in der nun
schon fast 95-jährigen Geschichte unserer Clunia. Wir sind nun schon seit
1977 ohne Sistierung aktiv, das ist der längste durchgehende Zeitraum
in unserer Geschichte, obwohl die momentanen Zeitumstände diese Kontinuität
nicht gerade unterstützen.
Ca. 32 Jahre unserer Geschichte, also ziemlich genau ein Drittel, waren
wir nicht aktiv, sechsmal mussten wir reaktiviert werden. Dass wir jetzt
schon 26 Jahre lang über ein mehr oder weniger geordnetes Verbindungs-
leben verfügen, mag viele Gründe habe, ein ganz wesentlicher ist sicher
die Person des heute zu Ehrenden!
Snorre wurde am 13. Mai 1977 als Reaktivierungsfuchs bei Clunia aufgenommen.
Mitte der 70er-Jahre gab es in österreich und Deutschland so etwas wie
eine neokonservative Welle: Nach dem Schock des Regierungswechsels 1970
– Kreisky löste damals Josef Klaus ab und beendete eine 25-jährige ununterbrochene
Epoche von öVP-Bundeskanzlern, die allesamt katholische Farbstudenten
gewesen waren - ging es mit dem katholischen Farbstudententum wieder aufwärts.
In Vorarlberg hatten Ende der 60er, anfangs der 70er-Jahre etliche Mittelschulverbindungen
sistiert und auch die Receptionsziffern an den Hochschulen gingen zurück
- bis 1975 die Wende kam: Persönlich kann ich mich erinnern, dass unsere
Reception bei Leopoldina in Herbst 1975 durch den nachmaligen Clunia-Philistersenior
Georg Konzett v. Minus, bei Leopoldina Hias, als Sensation empfunden worden
ist, weil acht Füchse auf einen Schlag den Fuchsenstall verstärkten. Es
kam aber noch besser – 1976 wurden 16 und 1977 14 Füchse auf einen Schlag
recipiert. In Feldkirch wurde vom damaligen AHLB-Vorsitzenden Ivo Fischer
v. Dr. Fif die Vindemia an der PädAk gegründet, die auch sofort einen
tollen Start hinlegte. Allein die Tatsache, dass drei Viertel der zukünftigen
Pflichtschullehrer Frauen waren, konnte die Vindemen nicht dazu bewegen,
den Studentinnen die Vollmitglied- schaft zu gewähren. So musste sie denn
auch Ende der 80er-Jahre sistieren.
Snorre gehörte zum Kern der Reaktivierungsgeneration 1977, die sofort
fest anzupacken hatte, so als Kassier, Fuchsmajor und Senior. Die Reaktivierung
ist vor allem das Verdienst des damaligen MKV-Landesvorsitzenden Karl
Wachter v. Dr. Tilly, seines Sohnes und Landes- seniors Rainer Wachter
v. Mucky, Lorenz Konzett v. Loki, Gerold Konzett v. Dr. Plus und des als
Fuchsmajor agierenden damals jungen Arztes Peter Wöß v. Spund, besser
bekannt unter seinem Leopolden-Couleurnamen Schnabl.
Snorre beschreibt die Aufnahme im CLUnier 2/2002 – er wurde gemeinsam
mit 16 Füchsen recipiert; diese Zahl soll uns in der heutigen Situation,
in der uns auch die Aufnahme eines einzigen neuen Mitgliedes bereits eine
eigene Kneipe wert ist, nicht zu sehr frustrieren, denn von diesen 16
sind nur noch drei bei uns Mitglied. Snorre bereitete mit anderen den
Beitritt zum MKV 1980 vor. Er und seine Generation hatten auch immer wieder
Rückschläge zu verkraften, vor allem, wenn nach der ersten Begeisterung
viele Mitglieder ihren Austritt erklärten.
1980 zog Snorre nach Innsbruck, um die Rechtswissen- schaften zu studieren,
und trat dort gleich als Fuchs der KöHV Leopoldina bei, die gerade eine
Hochblüte erlebte und eben zum zweiten Mal Vorort des öCV war, wo er in
angemessener Zeit geburscht wurde und auch Chargen absolvierte. Als bereits
erfahrener Couleurstudent war er etwas kritischer eingestellt als seine
Confüchse und hat damit manch eine Leopoldencharge in Verlegenheit gebracht.
Das ist eine seiner ganz wesentlichen Eigenschaften, dass er die Dinge
hinterfragt und Kritik übt, weil er immer die beste Lösung anstrebt –
und nicht die einfachste. Das stößt zwar nicht immer auf Gegenliebe, aber
Liebedienerei und Anbiederung waren seine Sache nie!
Als 1982 der CLUnier gegründet wurde, haben wir uns dazu entschlossen,
die Redaktion in Innsbruck aufzu- schlagen, weil sich dort einige studierende
Clunier aufhielten und wir bei der Firma Steiger die Infrastruktur benützen
durften, um die Zeitung dort herausbringen zu können. Snorre war von Anfang
an als Redakteur mit dabei und verfasste die meisten Beiträge; damals
entdeckte er seine Leidenschaft für farbstudentische Geschichte – es gelang
ihm, diese in einen zeitgenössi- schen politischen Zusammenhang zu stellen,
um ihn für die praktische Verbindungsarbeit fruchtbar zu machen. Ich gestehe,
dass ich als damaliger Geschichtestudent weltanschauliche Zusammenhänge
und das Interesse für die politische Geschichte meiner engeren Heimat
vom jungen Juristen Snorre gelernt habe. Die erste Ausgabe des Cluniers
– Auflage 400 Stück – erschien im Juli 1982 – Senior war Markus Dejaco
v. Tschüdl, Philistersenior Heinz Gesson v. Hooligain - und war dem Thema
"5 Jahre Reaktivierung der Clunia" gewidmet: Den Leitartikel
verfasste selbstredend Snorre. Von der ersten Ausgabe an war die Zeitung
auch verbandspolitisch engagiert, hatte doch eben eine spannende Wahl
zum Kartell- vorsitzenden zwischen Heinrich Kolussi v. Tacitus und Helmut
Wagner v. Kyros stattgefunden; dort hatten die jungen Clunier gemeinsam
mit einem Alten Herrn der Traungau Wels, einem gewissen Herwig van Staa
v. Perkeo, wesentlich zur Wahl von Kyros und für den christlichsozialen
Kurs des MKV beigetragen! In Wiener MKV-Kreisen wurde das erfolgreiche
Auftreten von Snorre und Perkeo als "verbandsfremde Kräfte"
verunglimpft, waren sie doch in gleichsam heilige Kreise eingedrungen
und hatten auch noch den Makel, CVer zu sein und sich dazu zu bekennen.
20 Jahre und einen Landeshauptmann später liest sich das äußerst belustigend!
Der junge Jurist Snorre absolvierte noch ein Geschichte- studium an
der Universität in München, ehe er als Mitarbeiter in der Erwachsenenbildung
in Schloss Hofen eintrat, wo ihn dann die ehrenvolle Berufung traf, Büroleiter
von Landeshauptmann Martin Purtscher zu werden, was er bis zu Purtschers
politischem Rückzug 1997 blieb; seit damals ist er als Historiker im Vorarl-
berger Landesarchiv beschäftigt, wo es ihm gelungen ist, seine Leidenschaft
zum Beruf zu machen. Er hat dort auch ein farbstudentisches Archiv Vorarlbergs
angelegt, von dem wir sehr stark profitieren. Snorre gehört übrigens gemeinsam
mit dem Tiroler Landeshauptmann Herwig van Staa v. Dr. Perkeo, der es
auf vier akademische Grade bringt, zu den beiden letzten Universalgelehrten
unserer Epoche.
Im Zuge der Abgrenzungsdebatte im MKV Mitte der 80er-Jahre – 1971 hatte
der MKV in den berühmten Salzburger Beschlüssen festgelegt, dass sich
ein MKVer bei der NDP, KPö und SPö nicht betätigen dürfe – war es uns
in Vorarlberg ein Anliegen, auch das Verhältnis zur FPö neu zu regeln,
was für uns hieß, auch sie in die Ausgrenzung mit einzubeziehen. Uns war
damals wichtig, dass sich das christlichsoziale Profil des Verbandes klar
zeigte und wir nach links und rechts in gleicher Weise klar sind! Bbr.
Snorre verfasste damals gemeinsam mit prominenten Mitstreitern – Michael
Landau v. Xenon, Stefan Pöll v. Horaz, Karl Jurka v. Charly, Günther Ofner
v. Hephaistos – eine Analyse, derzufolge das FPö- Programm 1985, das noch
unter Norbert Steger entstanden ist, mit unseren weltanschaulichen Positionen
nicht vereinbar ist, weil es immer noch eine überbe- tonung des (deutsch-)
nationalen Elements und eine zu große Distanz zum katholischen Glauben
gibt, die FPö einen unchristlichen Freiheitsbegriff und eine mangelnde
Gemeinwohlorientierung hat und das FPö-Menschen- und Gesellschaftsbild
mit der christlichen Soziallehre unvereinbar ist. Der MKV verhielt sich
zu dieser Arbeit kryptisch: Die Analyse wurde vom Kartellrat mit 28 Pro-
und einer Kontrastimme zur Kenntnis genommen, die Konsequenz – eine gleichzeitige
Mitgliedschaft bei FPö und MKV zu untersagen – wurde mit 11 Pro- und 18
Kontrastimmen abgelehnt. Als daraufhin der MKV beschloss, sich ein
neues Grundsatzprogramm zu geben, arbeitete Snorre wieder in der ersten
Reihe mit und war eigentlich gemeinsam mit Alt-KVors. Helmut Puchebner
v. Herkules und Michael Landau v. Xenon der Programm- verantwortliche
dieses Meisterwerks, das die christlich- soziale Grundausrichtung des
MKV betonte. Bei der Kartellversammlung in Murau in der Steiermark wurden
zwar 200 Abänderungsanträge gestellt, die in einer zehnstündigen Sitzung
diskutiert wurde, die Grund- struktur des Entwurfes blieb aber erhalten.
Mehr als einmal wurde es als "Vorarlberger Programm" bezeichnet,
worauf wir stolz waren, obwohl es nicht immer als Kompliment gedacht war.
Das Engagement des Vorarlberger MKV für einen christlichsozialen MKV
schmeckte nicht allen, da es immer wieder Kartellbrüder gab, deren Toleranz
nach rechts sehr groß war. Sie waren und sind zwar eine klare Minderheit,
aber sie machten sich bemerkbar und schadeten dem MKV. Letztendlich war
diese Gruppe ja auch mitverantwortlich für das vorzeitige Ausscheiden
unseres in Vorarlberg sehr geschätzten Kartellvor- sitzenden Helmut Wagner
v. Dr. Kyros. Mit dieser Gruppe trugen wir etliche verbale Auseinandersetzungen
aus; ich räume heute ein, dass wir vor scharfen Formulierungen nicht zurückschreckten!
Als sich zu Beginn der 90er-Jahre die Clunia und wenig später die Siegberg
dazu entschlossen, Mädchen die vollberechtigte Mitarbeit am Verbindungsleben
zu ermöglichen, bedeutete das natürlich den Austritt aus dem MKV. Die
vorher erwähnte kleine Gruppe hätte es gerne gesehen, wenn Clunia und
der Vorarlberger MKV ganz von der Bildfläche verschwunden wären, aber
es war und ist das große Verdienst von Bbr. Snorre als damaligem Landesvorsitzenden,
gemeinsam mit seinem Landesphilistersenior Plus ein Verbändeabkommen der
Clunia mit dem MKV zu schaffen, das uns eng an den MKV bindet. Wir sind
zwölf Jahre später voll davon überzeugt, dass das wichtig und richtig
war. Auch die elegante juristische Konstruktion – dem VLV des MKV gehören
die vier Vorarlberger MKV-Verbindungen und dem VMCV alle sechs an und
beide Verbände haben immer Personalunion – hat sich bewährt, vielleicht
auch gerade deshalb, weil sich einige darüber geärgert haben. Wir sind
aber gerade deshalb, weil wir Clunier keine vollberech- tigten MKVer sind,
vielleicht noch stärker als andere von der Notwendigkeit und Bedeutung
eines starken bundesweiten MKV überzeugt und dass wir dafür auch etwas
leisten können. Unser Kontakt zur Kartellführung war und ist immer besonders
gut, das beweist auch die heutige Anwesenheit des Kartellvorsitzenden
Helmut Schmitt v. Siegfried.
Es gäbe noch viele Verdienste Snorres zu würdigen, als Verfasser von
Festschriften - besonders 1983 zum 75-Jahr-Jubiläum der Clunia und 1988
zum Pennälertag - mit wegweisendem Inhalt, als Mitgründer der AV Claudiana
zu Innsbruck 1984, als Mitgründer der Vennonia Rankweil, als Ritter der
Feriensippe Walgau, als Chef- redakteur des CLUniers 1984 bis 1985,
als Archivar und Mitglied des Philistervorstandes. Für seine Verdienste
hat er auch bereits sichtbare Auszeichnungen erhalten – seit 1983 ist
er Ehrenbursch der Clunia, 1993 wurde er zum Ehrenvorsitzenden des VLV/VMCV
ernannt und heute wird er Dr. cer. – was wir 2013 tun, wissen wir noch
nicht!
Snorre hat sich auch außerhalb der Clunia und des VMCV im Sinne unserer
Prinzipien engagiert: als Klubobmann der öVP Feldkirch, als dienstältestes
Vorstandsmitglied der VHS Bregenz, als Mitgründer von Alemannia studens,
des Vereins für Bildungs- und Studentengeschichte Vorarl- bergs und vieles
andere mehr. Er nimmt auch Heraus- forderungen an, die man einem Juristen
und Historiker nicht automatisch zutraut: Als Finanzreferent der Volkshochschule
Bregenz hat er ein Kostenrechnungs- system entwickelt, das ihm einen österreichweiten
Anerkennungspreis und Gastvorträge in Wien einbrachte!
Snorre ist dafür bekannt, dass er hohe Anforderungen an sich und andere
stellt und diese auch einfordert; da kann es dann schon sein, dass er
sich einmal unbeliebt macht. Was ihn aber auszeichnet, ist sein Sinn fürs
Machbare, das Verständnis für die Aktivitas, wenn einmal nicht alles so
klappt, wie sich das einige – vor allem der Philister- senior – vorstellen
und die realistische Beurteilung der jeweiligen Situation, wenn wir wieder
in Gefahr geraten, die Vergangenheit, zu der wir alle selber schon gehören,
zu idealisieren.
Er stellte sich immer wieder für arbeitsaufwändige Funktionen zur Verfügung;
er ist seit Jahren Archivar der Verbindung und ist stets bemüht, die Ergebnisse
seiner Arbeit seinen Bundesgeschwistern so zur Verfügung zu stellen, dass
sie für die Alltagsarbeit in der Verbindung fruchtbar gemacht werden.
Er ist seit einem Viertel- jahrhundert ohne Unterbrechung aktiv für Clunia
tätig. Bundesbrüdern wie ihm ist es zu verdanken, dass Clunia seit 1977
die längste Zeit in ihrer Geschichte ohne Sistierung aktiv ist. Er ist
somit – neben Dr. Hooligan und Dr. Plus – in besonderer Weise würdig,
die höchste Ehrung zu tragen, die die KMV Clunia zu vergeben hat – die
Würde eines Doctor cerevisiae. Heil dir, Dignissime!
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